11

20

Auswirkungen auf andere Lebensbereiche

Der Neuanfang mit dem Theater Brausepulver hat mich auch als Privatperson unabhängig gemacht und mir ermöglicht 2004 nach Lübeck zu ziehen. Hier war dann der eigentliche Neubeginn. Der Umzug war zunächst eine private Entscheidung, hat sich aber auch beruflich als Vorteil erwiesen. In Schleswig-Holstein gab und gibt es kein anderes englischsprachiges Theater, zudem sind die Schulen über’s ganze Land verteilt und viele Schulen müssen tatsächlich einen Bus mieten, um mit ihren Schülern das traditionelle Weihnachtsmärchen in Lübeck zu besuchen. Es gibt insgesamt auch wenige freie Theater.

Die Idee, mich auf den Weg zu machen und direkt bei meinem Publikum zu Gast zu sein, passt viel besser hier in den ländlichen Norden als ins volle Berlin. Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich freue mich über die Weite der Landschaft, die Felder, die Kühe auf der Weide, die Zugvögel am Himmel. Ich freue mich über den Blick aus dem Fenster meines Arbeitszimmers. Ich sehe Wald und Himmel. Meine Ideen und Gedanken haben Platz hier und ich komme immer wieder zur Ruhe. Ich arbeite nicht mehr so viel. Schon in Berlin hatte mich die neue Form des Theaters etwas freier gemacht. Ich war fokussierter darauf, was wirklich gut für mich war.

Ich bin nicht mehr zweimal pro Woche nachmittags quer durch die Stadt gefahren, um zu unterrichten. Ich hab im Sommer keine Ferienaktionen mehr betreut. Ich bin nicht mehr täglich von Moabit in unser Kreuzberger Büro gefahren. Ich spielte Theater, erarbeitete Neues, organisierte oder ich hatte frei. Ich hatte mehr Privatleben. Privatleben und Beruf waren auch einfach klarer voneinander getrennt. Das tat mir privat gut. Dass ich von zuhause aus arbeitete, war in Ordnung. Das gemeinsame Arbeitszimmer war der größte Raum in unserer Wohnung und ich hatte genug Platz für alles. Ich nahm mir seit meinen Jahren auf der Zirkusschule Zeit für meine körperliche Fitness, ging regelmäßig an der Spree laufen und zum Kraftsport.

Ich erfand meine Bühnenfigur Millie, die mir immer ähnlicher wurde. ich hörte auf, mich für die Bühne aufwendig zu kostümieren oder zu schminken. Ich machte mich nahbarer, direkter und ich glaube, genauso war es auch im Privatleben. Ich war und bin ich, egal, ob auf der Bühne, im Gespräch nach der Vorstellung oder am Telefon oder mit den Nachbarn. Der Fokus ist immer ein bisschen anders, aber meine Charaktereigenschaften und meine Kompetenzen sind überall die gleichen.