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Allen Stufenplänen zum Trotz gibt es in der Pandemie keine Planbarkeit.

Ich kann seit dem 14.3.20 immer nur reagieren. Auf die Wiederöffnung von Theatern und Schulen reagiere ich und spiele - weil es plötzlich erlaubt ist - in den 14 Tagen vor den Sommerferien mal eben schnell 13 Vorstellungen an 10 Veranstaltungsorten in Hamburg und Schleswig-Holstein. Auch auf Förderangebote reagiere ich. Für eine Stiftung entwickle ich Formate für Familien, gebe Online-Workshops zum Thema Puppenspiel für Schulkinder, für eine andere Stiftung kümmere ich mich um Kooperationen mit Hamburger Schulklassen, für ein Kulturfestival erarbeite ich eine Ringelnatz/Morgenstern—Lesung, für ein Museum ein künstlerisches Projekt, für den Fonds Darstellende Künste erprobe ich ein innovatives Kommunikationstool.

Die Förderungen erlauben mir künstlerisch aktiv zu sein, aber die Ideen entstehen, weil es dafür Geld geben könnte und nicht unbedingt deshalb, weil es meine Arbeit gezielt weiterentwickeln könnte. Es tat mir gut, mich auszuprobieren, aber die einzelnen Projekte stehen unvermittelt vor-, nach- und nebeneinander. Manches, was ich gern gemacht hätte und das vielleicht zukunftsweisend gewesen wäre, wird nicht gefördert und verschwindet in der Schublade für Zeiten, in denen ich nachdenken, alles ordnen und wieder selbstbestimmt arbeiten kann.

Ich brauche in den kommenden Monaten vor allem eines: Zeit. Zeit, in der ich nicht an einem geförderten Projekt arbeite, das langfristig nicht zu mir passt, oder mir Gedanken über die nächste Förderung mache, sondern in der zurückblicken kann auf die Entwicklung meines Theaterschaffens seit 1997, auf die Ereignisse der Pandemie (bezogen auf mein Theater und mich als Künstlerin) , auf die gemachten Erfahrungen (meine und die von Kollegen), und in der ich vorausschauen kann auf Möglichkeitsräume und Wege für mein Kindertheater.

Dabei brauche ich mehr als zufällig geförderte oder nicht geförderte Massnahmen. Ich brauche klare Linien, ein abgestimmtes Konzept. Ich möchte aktiv eine Perspektive entwickeln, endlich wieder strategisch denken.

Wo möchte ich mit meinem Theaterschaffen hin? Was braucht mein Publikum? Welche Art von Theater, welche Kommunikationstools, welche Preisgestaltung? Könnte für Schulen, die mich ganz zuverlässig jedes Jahr einladen eine Art Abo interessant sein? Hätte mich das vielleicht durch die Pandemie tragen können oder mindestens die Wiederaufnahme der jetzt für zwei Spielzeiten unterbrochenen Beziehungen erleichtert? Wie hätte ich die Kommunikation besser aufrechterhalten können? Nicht nur zu Veranstaltern und Lehrern, sondern vielleicht direkt zu den Kindern im Homeschooling? Welche digitalen Möglichkeiten könnten die Live-Begegnung vor oder nach dem Theaterbesuch in Zukunft ergänzen?

Ich habe viele Fragen und möchte mir in den kommenden Monaten eine nachhaltige Kindertheater-Perspektive erarbeiten. Assitej-SUPPORT scheint mir endlich das richtige Programm, um mir für mein Theater Brausepulver genau das zu ermöglichen: einen Neustart mit klarer Richtung und Perspektive.