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Hürden

Gab es Hürden in der Anfangszeit vom Theater Brausepulver? Bestimmt. Aber sie kommen mir nicht sehr bedeutend vor.

Wenn ich von einem Tag nur noch in Schulen gespielt hätte, hätte das plötzlich Lehrer ausgeschlossen, die nur mit einer einzelnen Klasse an einen Theaterort kommen wollten. Solange ich in Berlin war, gab es aber beide Angebote parallel. Auch für Familien spielte ich noch ab und zu. Der Übergang ins Neue war gut vorbereitet und vorsichtig.

Eine weitere Hürde hätte sein können, dass ich eine eigene Infrastruktur brauchte, einen eigenen Drucker zum Beispiel, ein eigenes Auto. Aber auch das konnte ich inzwischen finanzieren. Ich gab meine nebenberuflichen Lehrtätigkeiten auf, aber auch das empfand ich eher als Entlastung als Hürde.

Ich überlege, was typische Hürden sein könnten?

Startkapital? Hatte ich nach fünf Jahren Theaterarbeit. Vor allem hatte ich schon Theaterstücke (wenn auch nicht für mein Zielpublikum), die ich weiterhin spielen konnte.

Angst vor dem Scheitern? Hatte ich nicht und habe ich auch heute nicht. Scheitern gehört dazu. Gerade als Künstler darf ich scheitern, Fehler machen, dazu lernen.

Wirtschaftliche Kenntnisse? Hatte ich. Ingrid und ich hatten sicher eines der bestorganisiertesten Büros der Freien Szene. Beide hatten wir kaufmännische Ausbildungen im Hintergrund und kannten die Kinder- und Puppentheaterszene Berlins lang und gut.

Bürokratischer Aufwand? Gab es fast nicht. Ich war schon in der KSK und bei JugendKulturService, hatte mein eigenes Konto.

Eine Geschäftsidee? Hatte ich. Staatliche Förderung? Brauchte ich nicht. Und hatte ich tatsächlich vor der Pandemie nie. Beratung? Hatte ich. Ich konnte Ingrid immer noch jederzeit anrufen oder treffen.

Marketing? Ich brauchte einen eigenen Namen. „Brausepulver“ begegnete mir, als ich die Adressen von einem Schülerladen in der Schleiermacherstraße in meinen Verteiler aufnahm. Ich mochte den Klang, das Zeitlose und das Bunte, Lustige, Frische, Prickelnde, das ich mit dem Namen verbinde. Brausepulver verwandelt langweiliges Wasser. So sollte auch mein Theater sein. Ich brauchte ein eigenes Logo, Briefpapier, Visitenkarten. Kein Problem. Die Grafikerin Regelindis Westphal, die für’s Grips Theater und den Deutschen Bundestag gearbeitet hat, gehörte inzwischen zu meinem Freundeskreis. Ihre Arbeit durfte ich durch Theatervorstellungen für ihre Nichten und Neffen bezahlen.

War ich für die Selbständigkeit geeignet? Ja, das glaube ich ganz bestimmt. Vieles von dem, was man braucht, brachte ich schon damals mit.